Ein Buch zur künstlerischen Untersuchung einer vermeintlichen Kulturhandlung.
Erkenntnisse über die Glättung als Phänomen und gestalterisches Mittel ist, dass sie vor der Formfindungshistorie der Menschen Anwendung findet. Die Entstehung der Erde ist die Entstehung der Minimaloberfläche der Kugel, ist die Entstehung der Glätte. Geomorphologische Arbeitsbeziehungen bringen Formen und Oberflächen hervor. Die menschengemachte Glättung als performative Handlung, ihre Normierung in der industriellen Formreproduktion und ihre Wirkung auf den Körper als haptisches Phänomen wurde zu einer transdisziplinären Gestaltungserzählung mit dem Titel »die Glättung« zusammengefügt.
→ Die Kritik an der idealisierten Vorstellung der (Vor)-Form, wie sie im hylemorphischen Modell gedacht ist, bringt die Wirkungsmacht der Materie ins Spiel. Der Kritik ist die Form zu ideal, statisch und festgelegt, die Materie viel zu passiv und der Prozess viel zu linear. Deleuze und Guattari sehen im Zustandekommen das Formen eher als einen affektiven Strom, in dem Formungsverfahren, materielle Eigensinnigkeit und Formvorstellungen zu Affektformen werden.
→ 17. Dezember 2018,11:46 – 14:19 Uhr, Essen
In einer Exkursion verstehe ich die Hand als Komplex aus Machen und Anfassen. Ich gehe davon aus, dass große Teile der Welt gestaltet sind, dass für die Hand Positionen vorgesehen werden in der Welt, dass Zonen des Anfassen geschaffen werden. Das Verhältnis zwischen der gebauten Welt und den beweglichen Körpern will ich auf die Verwendung von Glätte hin betrachten.
Meine Hände als Werkzeuge sind nicht immer bewusst aktiv und haben zuweilen ein Eigenleben. In der letzten Zeit sind die Hände als Hersteller*innen nicht besonders produktiv, außer, dass sie Verbindungen herstellen zu Türklinken, Haltestangen in der Bahn, händeschüttelnd und streichelnd zu Mitmenschen. Selten werden mit ihnen zuvor raue Materie in glattes Material umgewandelt, Werkzeuge werden selten gebaut, höchstens wird unbewusst abgerieben durch den körperlichen Teil meiner Existenz. Ich vermute, dass ein wichtiger Teil der händischen Funktion die Prüfung, Aushändigung, Annahme, Mitnahme ggf. Rückgabe von Waren ist. Die Dienstleistung an der Ware. Ich beschließe mir diese Räume der historischen händischen Entwicklung einmal anzusehen. Ich will meine Hände aber nicht unbewaffnet mitnehmen und bringe als haptische Referenz drei ausgewählte, unterschiedlich geformte Materialklumpen aus Gestein, Holz und Polyurethan mit.
→ Im Kontext der Gestaltungshochschule in dem diese Arbeit hier angefertigt wird, finden sich die Inszenierung des Makers als bastelnder Forscher*in sowie ein Selbstverständnis des Designs als forschende Praxis. In diesem Kontextmix aus Designforschung, transdisziplinärer Perspektive auf Wissensgenerierung und Ideen des Anderen Wissens¹, entsteht mein Vorhaben, etwas am eigenen Leib zu glätten, Maker zu werden.
Für das Vorhaben der Nachempfindung einer Glättung muss ich ein zu glättendes Objekt auswählen. In dieser Suchbewegung streife ich durch die Welt der Dinge, mit der Frage, ob es ein sinnvolles, dem Untersuchungsprozess gerecht werdendes Objekt gibt, das ich glätten kann.
¹Der Begriff des material turn brachte das Wissenschaftsverständnis in eine Materialabhängigkeit, der die sonst so losgelöste und objektive Forschung erdete. Diese materielle Bedingung von Forschung und Wissen ist ein gemeinsames Fundament, auf das beide Praktiken: Kunst und Wissenschaft gebaut sind. Kathrin Busch [HerausgeberIn], Anderes Wissen, 2016.